2008-08-23

Art Basel Miami 2008


Von 4. bis 7. Dezember 2008 findet die Kunstmesse Art Basel Miami Beach 2008 (ABMB) statt. Der Art-Basel-Spin-Off Art Basel Miami ist zur größten amerikanischen Kunstmesse avanciert, einer Art "Shopping Mall der Spaßgesellschaft", wie es "Der Spiegel" in einem Bericht treffend formuliert hat. "Der Spiegel" weiter zur Art Basel Miami: "Es sind Faktoren wie die Globalisierung des Kunstmarktes, der Auftritt neuer Käuferschichten aus Asien, Lateinamerika und Russland sowie das Renditeversprechen der Kunst als Wertanlage, die den Markt in den letzten Jahren radikal verändert und die ABMB zum Symbol dieses Wandels gemacht haben. Zu den großen Gewinnern in diesem Umbruchprozess zählen vor allem die Leitmessen, die eine fast schon omnipotente Machtstellung erlangt haben. Ganz vorn dabei ist die Art Basel." Auch lesenswert, der Focus-Bericht zu Art Basel Miami 2007: "Kunst als neue Lifestyle-Droge". 2007 gabs am Eröffnungsabend ein Konzert von Iggy Pop am Strand.
Rund um die ABMB haben sich zu dieser Zeit noch eine Reihe von über 20 anderen Kunstmessen angesiedelt, wie z.B. die von 3.-7.12.2008 die Art Miami.

Preisentwicklung am Kunstmarkt-1

Unter dem Titel "Wer zu spät kommt, zahlt den höchsten Preis" hat Ulrike Lehmann im Kunstmagazin Regioartline einen interessanten Artikel zur Preisentwicklung am Kunstmarkt verfasst, hier ein Auszug:

Paul Cézanne hat einmal den schönen Satz formuliert, „Man muß sich beeilen, wenn man noch was sehen will, alles verschwindet“. Er lässt sich auch auf den derzeitig überhitzten Kunstmarkt übertragen, weil alles so schnell gekauft wird und die heiße Ware im Depot der Sammler gelagert wird, bis sie mehr Rendite bringt. Mit der berühmt-berüchtigten Redensart „Geld regiert die Welt“ könnte man auf die Frage, wie der marktorientierte Kunstbetrieb den gesellschaftlichen Begriff von zeitgenössischer Kunst prägt, antworten. Die Kunstmarktpreise steigen in astronomische, irrationale Höhen, der Kunst wird auch gesellschaftlich ein zunehmend höherer Aufmerksamkeitswert verliehen und die Sammler hören nicht auf, Kunst zu kaufen, die für viele ein neues Statussymbol im modernen Lifestyle ist.

2008-08-16

Joseph Beuys in der Kunsthalle Krems

Im März 1944 stürzte die Stuka von Joseph Beuys (1921-1986) auf der Krim ab. Der Pilot starb. Joseph Beuys wurde schwer verletzt, erlitt einen Schädelbasisbruch, Knochenbrüche und ein Absturztrauma. Die Granatsplitter in seinem Körper konnten nie vollständig entfernt werden. Krim-Tartaren entdeckten das Flugzeugwrack und versorgten den Versehrten. In seinem Werk verarbeitete Beuys immer wieder dieses furchtbare Erlebnis. Es dient auch als Ausgangspunkt für die Ausstellungen, die von 28. 9. 2008 bis Februar/März 2009 in der Kunsthalle Krems und im Frohner-Forum zu sehen sein werden. In der Kunsthalle Krems widmet sich Kurator Hans Peter Wipplinger dem Werk von Joseph Beuys und dem Schamanismus.

Im Frohner-Forum befasst sich Dieter Ronte mit Beuys' Verhältnis zur Politik. „160 Werke sind zu sehen. Multiples aus dem Kunstmuseum Bonn, ebenso wie zahlreiche Exponate aus Privatsammlungen“, berichtet Wipplinger, der im Modern-Museum in Passau eine Schau über Beuys und die Naturheilkunde gemacht hat. „Er war zum einen ein Stratege, Medienkünstler und Selbstdarsteller, zum anderen beschäftigte er sich mit dem Irrationalen, mit Mythen, Sagen, den Skythen, den Ägyptern. Er dachte, dass im Westen das rationale Denken stark ist, im Osten das Spirituelle“, so Wipplinger: „Er war ein Vermittler. Die Dimension der Magie war für ihn sehr wichtig.“ Für seine berühmten Aktionen recherchierte Beuys professionell z.B. Riten der Schamanen. Der Mann, der selbst wie ein Einsiedler aussah, scheute nicht das große Publikum. Er veranstaltete Aktionen, referierte, diskutierte, z.B. in Wien mit Bruno Kreisky, Erhard Busek oder Josef Cap – und besuchte Otto Mühls Kommune Friedrichshof. Der ehemalige Kommunarde Theo Altenberg, der Beuys' Assistent war, wird zu dem Symposion geladen sein, das zur Eröffnung der Kremser Ausstellung am 27. 9. stattfindet.

Weitere Vortragende sind Bazon Brock, Ronte oder der Direktor der Kunsthalle Krems, Dieter Buchhart. Die Schau geht im Wesentlichen noch auf seinen Vorgänger Tayfun Belgin zurück. Sozusagen ein Vorgeschmack auf die Beuys-Schau ist die laufende Ausstellung „Dem Bild die Gedärme herausreißen“ im Frohner-Forum, die Künstler verschiedener Generationen versammelt, die sich auf den Aktionismus bzw. die Sixties beziehen. Der Blickfang der Schau ist Jessica Stockholders Installation aus dem Museum moderner Kunst in Wien: Riesige umgestürzte Plakatständer unter dem Titel „Nit Picking Trumpets of Iced Blue“. An die Zeit, als Christo noch kleinere Sachen als den Berliner Reichstag verpackte, erinnert „Empagnetage“, ein weißes Packerl mit Schnur von Anfang der sechziger Jahre. Von Günther Uecker gibt es Nägel, vom Bildhauer César, nach dem der französische Filmpreis benannt ist, ein Paket Altmetall unter dem Titel „Compression Mobil“ und von Lucio Fontana einen zarten Strich.

Die William M.V. Kingsland Collection


"Stolen Art Uncovered. Is it Yours?" ("Gestohlene Kunst gefunden - Gehört sie Ihnen?") fragt das FBI seit Anfang dieser Woche auf seiner Homepage. Dort werden Dutzende Kunstwerke aufgelistet, von großen Namen wie Picasso, Giacometti, Toulouse-Lautrec, Schwitters und anderen mehr.

137 Kunstwerke umfasst die Liste mit Bildern und Skulpturen, die in einer New Yorker Wohnung gefunden worden waren. Nachdem das FBI nur wenige der rechtmäßigen Besitzer ausfindig machen konnte, entschloss sich die Behörde nun zur Veröffentlichung der Fotos. Der Fall begann schon im Jahr 2006, als der New Yorker "Privatgelehrte" William Milliken Vanderbilt Kingsland starb. Ein Testament gab es nicht. Die Abhandlung des Vermächtnisses übernahm die Stadt New York - und stieß dabei auf überraschende Schwierigkeiten.

Kingsland hatte als Wohnadresse die noble 5th Avenue in New York angegeben. Doch die Wohnung gab es nicht. Stattdessen führte die Spur in die - weit weniger noble - 72. Straße und das mit Kunstgegenständen vollgerammelte Apartment.
Außerdem stellte sich heraus, dass Kingsland nicht, wie bisher angenommen, die Eliteschule Groton und dann Harvard besucht hatte - und schon gar nicht mit einer französischen Adeligen verheiratet gewesen war. Und sein Name war auch nicht Kingsland.
Tatsächlich hieß der Mann Melvyn Kohn und war in der New Yorker Bronx aufgewachsen. Offenbar hatte er sich die neue Identität zugelegt, um von den Schönen und Reichen akzeptiert zu werden. Es gelang: Die Stadt kannte und schätzte ihn als kunstsinnigen Gentleman.

Wie sich herausstellte, dürfte der Kunstsammler obendrein recht eigenwillig gewesen sein: Die umgerechnet auf rund 670.000 Euro geschätzte Giacometti-Skulptur "Diegos Kopf" musste in Kingslands chaotischer Wohnung offenbar als Türstopper herhalten. Kingslands guter Ruf in NYC wog jedoch offenbar so schwer, dass sich die Verlassenschaftsverwalter nichts dabei dachten, die Kunstwerke in Ermangelung von irgendwelchen Erben schließlich versteigern zu lassen - und sich damit gewaltig blamierten.

Die Käufer der Kunstwerke recherchierten deren Geschichte und fanden prompt heraus, dass es sich um Diebesgut handelte. Die Auktionen wurden gestoppt und der Fall dem FBI übertragen. Doch die Aufgabe, die rechtmäßigen Besitzerder Kunstwerke zu finden, war schwieriger als gedacht. Die Kunst-Diebstähle liegen 40 Jahre und mehr zurück und der oder die Täter sind vermutlich schon tot - denn wie das FBI betont, ist keineswegs geklärt und in manchen Fällen sogar unwahrscheinlich, dass Kingsland selbst der Täter war. In der Wohnung des Verstorbenen wurden etwa Rechnungen über - allerdings eher unbedeutende Werke - von Auktionshäusern gefunden. Diese Kunstwerke hatte Kingsland also zweifelsfrei legal erworben. Von einigen anderen Kunstwerken konnte das FBI die rechtmäßigen Besitzer ausfindig machen.

FBI-Ermittler James Wynne erlebte jedoch auch dabei seine blauen Wunder: Wie er der "Herald Tribune" erzählte, fand er in einem Fall nach langen Ermittlungen den rechtmäßigen Erben eines der Bilder. Doch der zeigte sich alles andere als begeistert. Laut Wynnes Schilderungen verlangte der Mann ein E-Mail mit einem Foto des Bildes und wollte erst dann entscheiden, ob er Verwendung für das Kunstwerk hätte. In den meisten anderen Fällen verliefen die Spuren im Sand, wie auch bei der Giacometti-Skulptur.

Die Giacometti-Büste wurde zwar seit den 60er Jahren in Kunstkatalogen als verschollen und gestohlen aufgeführt - worauf diese Angabe beruht, lässt sich jedoch nicht mehr feststellen. Bei den anderen 136 Kunstgegenständen auf der FBI-Liste verhält es sich nicht anders. Aufgetaucht sind mittlerweile jedoch Erben von Kingsland. Wenn sich die rechtmäßigen Besitzer der Kunstwerke nun nicht melden sollten, können sich die vier Cousins und ein Onkel über einen erwarteten Auktionserlös von 2,4 Mio. USD freuen.

Link: International Herald Tribune