2010-04-27

Jerry Berndt - Gallery Weekend Berlin

White Trash Contemporary / WTC und NOTO Berlin präsentieren Jerry Berndt - Nighttime zum Gallery Weekend Berlin: Vernissage am 29.4.2010, 19.00 im NOTO Restaurant und Bar, Torstrasse 173, Berlin.

Zwielicht, Halbwelt, Nachtleben. Jerry Berndt hat sich in seiner Künstlerkarriere immer wieder für Zustände der Dunkelheit interessiert. In einzigartigen Fotoreportagen über Bostons Rotlichtmilieu ("Combat Zone") oder Obdachlose ("Missing Persons") dokumentiert er die Schattenseiten der amerikanischen Gesellschaft. Aber er nutzt die Nacht auch als konzeptuellen Rahmen für seine "Nite Works", eine faszinierende Serie von Nachtaufnahmen in der menschenleeren Großstadt. Die kontrastreichen, brilliant komponierten Schwarzweißbilder von Häuserecken in Downtown, geschlossenen Ladenlokalen und beleuchteten Schaufenstern, aufgenommen mit langer Verschlusszeit nur mit vorhandenem Licht, stehen in der Tradition klassischer Fotokünstler wie Eugéne Atget und Brassai, aber auch amerikanischer Fotorealisten wie Walker Evans oder Lee Friedlander. Gleichzeitig belegen sie Jerry Berndts besondere Sensibilität für die sozialen und politischen Schwingungen der Situation. Egal ob er in Stripclubs mit Feingefühl und flinkem Finger am Auslöser auf Tuchfühlung mit Huren, Freiern und Zuhältern geht oder seine Mittelformatkamera in aller Ruhe in schummerigen Gassen auf eine triste Hausfassade richtet, seine Fotografien vermitteln auf magische Art die jeweilige Stimmung des Ortes. Dass Jerry Berndt als politischer Aktivist und Vietnam-Kriegsgegner in den sechziger Jahren vom FBI verfolgt, mit Berufsverbot belegt und damit zu seinen einsamen "Nachtschichten" quasi gezwungen wurde, verleiht den Bildern eine zusätzliche düstere Dimension.

"In seinen Nachtbildern sieht die Stadt aus wie eine leere Theaterbühne, bei der man nicht weiß, ob sie schon verlassen wurde von den echten Menschen oder noch auf sie wartet (...) Man sieht in diesen Bildern, dass das, was sie zeigen, kein unabwendbares Schicksal, sondern menschengemachtes Elend ist - und wenn es ein Kriterium gibt, das politische Fotografie unterscheidet vom melancholischen schwarzweißen Stimmungszeugs, das die Foto-Plakatshops füllt, dann ist es genau dieses", schreibt Niklas Maak über Jerry Berndts Werk in der FAZ.  Jerry Berndt (*1943 Milwaukee) hat sich als Dokumentarfotograf mit Reportagen über den Genozid in Ruanda, den Bürgerkrieg in Haiti und Obdachlose in Amerika einen Namen gemacht. Seine Fotos erscheinen in bedeutenden Publikationen in den USA und Europa, darunter die New York Times, Newsweek und Paris Match. Jerry Berndts Fotos sind in den Sammlungen von Museen, darunter das Museum of Modern Art in New York, das Museum of Fine Arts in Boston und die Bibliotheque National in Paris, sowie in der Sammlung von Elton John vertreten.

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