2008-10-26

Kunstmarkt und Finanzkrise

Kunst-Experten und Kunsthandel zittern, in welchem Ausmaß die Finanzkrise für den Kunstmarkt spürbar wird. Immerhin standen wichtige Auktionen auf dem Programm, eröffnen im Wochentakt die traditionellen Herbstmessen in London, Paris, München und Wien. Zweckoptimismus war angesagt, Augen zu und durch. Die Nervosität auf Käuferseite kam postwendend, bereits im Rahmen der Biennale des Antiquaire, der wichtigsten französischen Kunst- und Antiquitätenmesse, war die breite Masse zögerlich, andere zückten bedenkenlos die Kreditkarte. Deutlich trister war die Stimmung im Rahmen der Shanghai Contemporary, zu tief saß der Schock, ob des Crashs. Dazu kam die nahezu unüberwindbare Hürde für Inlandskäufer, ist Kunst in China doch mit einer 35-prozentigen Luxussteuer belegt. Anderen war die Lust am Kunstkauf kurzfristig abhanden gekommen.
Völlig gegenteilige Stimmung herrscht derzeit in London. Der Auftakt der Frieze begann vielversprechend, nach vier Öffnungstagen hatte man die gleiche Menge an Besuchern wie 2007 begrüßt (rd. 68.000). Und die Verkäufe? Auch dank der deutlich reduzierten Erwartungen der Teilnehmer bilanzierte man am Ende weit besser als erhofft: "Ausverkauft!", meldeten mehrere Galerien, darunter Lisson für Animationen von Julian Opie. Auch Ivan Wirth übte sich im Überschwang, "unsere beste Frieze jemals!". Der einhellige Tenor: Die großen Sammler lassen sich von wirtschaftlichen Turbulenzen nicht abschrecken, und endlich - seit vielen Jahren wieder - wird wieder mehr über Kunst und Inhalte gesprochen, nicht über Investitionen.

Ähnliches auch in München, wo sich seit Samstag vergangener Woche 90 Teilnehmer zur 52. Kunst Messe München versammelten. Zwar sei der Publikumsandrang merklich stiller, aber das Interesse ungebrochen, besonders die Mittelware bis zu 50.000 Euro verkaufte sich hervorragend. Zu den Debütanten gehörte Galerist Klaus Thoman, auf dem Weg Richtung Paris zur Fiac ließ er wissen, mit Umsatz sei er sehr zufrieden. Friedensreich Hundertwassers Tränenspirale mit Kito (320.000 Euro) könnte durchaus noch vor der nächsten Messestation in Wien den Besitzer wechseln. Weniger erfreulich betrachten die Messeteilnehmer die derzeitige Situation, mit drei nahezu zeitgleichen Kunst- und Antiquitätenevents (Munich Highlights, Fine Art & Antiques), sei das ein hinderlicher, um nicht zu sagen völlig kontraproduktiver Eventansatz. Insgesamt scheint der Kunstmarkt von einer Flucht in Sachwerte zu profitieren. Ein Trend, dem sich Wien ab kommender Woche nur zu gern anschließen würde, angesichts der auf dem Programm stehenden Wiener Kundt und Antiquitätenmesse im Palais Ferstel & Niederösterreich) und der Hofburg Messe für Kunst und Antiquitäten.

Etwas gezügelter gibt sich das Auktionssegment. Die im Umfeld der Londoner Frieze abgehaltenen Auktionen Zeitgenössischer Kunst liefen verhaltener als sonst, die Verkaufsraten schrumpften auf rund 55 Prozent. Ist es die längst fällige Korrektur eines überzogenen Hypes? Nicht gerade zur Freude des neuen russischen Eigners (Mercury Group) gereichten wohl die Resultate von Phillips de Pury, statt zumindest 24,8 Millionen Pfund spielte man spärliche 8 Mio. ein. Auch Sotheby's musste sein erwartetes Minimum von 55,3 auf 44 Millionen Pfund korrigieren. Die jährliche Auktion Italien Art brachte mit 13,6 Millionen (Verkaufsquote 88,5 Prozent) sogar das zweithöchste Resultat in der Geschichte des Unternehmens. Die erstmals abgehaltene Sitzung für Zeitgenössisches Design schloss unter reger Beteiligung des französischen und Schweizer Handels mit einem Absatz von knapp 60 Prozent nach Wert (1,2 Mio Pfund). Etwas besser lief es für Kontrahent Christies, die in drei Sales 49 Millionen Pfund (63 Millionen Euro) einspielten. Die stärkste Käufernation blieb - wie stets - Europa.

In Wien herrschte Anfang vergangener Woche ein Wanken zwischen Schock und Freude. Bei den imKinsky-Auktionen hatte man am Ende der 70. Versteigerung tatsächlich kaum Grund zum Jubel. In der Sektion Alter Meister setzte man gerade einmal 28 Prozent des Angebotes ab, bei Klassischer Moderne 33 Prozent. Im Bereich Zeitgenössischer Kunst (43 Prozent) bedürfen allerdings die Highlights noch Nachverhandlungen im Wertumfang von knapp 244.000 Euro, gemessen am veröffentlichten Gesamtumsatz von netto 2,5 Millionen Euro liegt der Nachverhandlungsanteil bei 500.000 Euro.

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